Geschichte des Fachverbands Medizingeschichte e.V.
Die konstituierende Sitzung des Fachverbands Medizingeschichte fand am 28. Oktober 1978 in Frankfurt am Main statt.
Wie kam es zu dieser Gründung?
Bereits 1967 wurde auf Initiative des Berliner Lehrstuhlinhabers Heinz Goerke – im Zusammenhang mit den Beratungen des Westdeutschen Medizinischen Fakultätentags über eine neue Approbationsordnung für ÄrztInnen – eine „Arbeitsgemeinschaft deutscher Lehrstuhlinhaber für Geschichte der Medizin“ gegründet. Die entsprechend dieser neuen, schließlich 1970 verabschiedeten Approbationsordnung erstmals zum Wintersemester 1972/73 einzurichtenden Kurse für Medizinische Terminologie gaben Anlass für eine (vorübergehende) Erweiterung dieses Gremiums um nicht-habilitierte, aber am Unterricht beteiligte AssistentInnen. Ein weiteres wichtiges Thema der frühen 1970er Jahre waren medizinhistorische Prüfungsinhalte, die in einem vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen mit Verantwortlichen aus den einzelnen Fächern entwickelten Gegenstandskatalog festgelegt werden mussten. Ferner verschlechterte das 1976 im Hochschulrahmengesetz erlassene Weiterbeschäftigungsverbot für AssistentInnen die Situation des damaligen wissenschaftlichen Nachwuchses dramatisch.
Vor diesem Hintergrund wurde ab 1977 über die (unzureichende) fachpolitische Repräsentanz der Medizingeschichte beraten, da die bisherige Arbeitsgemeinschaft über keinerlei Legitimation verfüge und die bereits existierenden wissenschaftshistorischen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik; Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte) „aufgrund der Vielzahl der von ihnen vertretenen Disziplinen und Interessen nicht im Stande [seien], sich für die Belange der Medizingeschichte effektiv einzusetzen.“ (Bleker 2007, 364). Ein zusätzliches Motiv für die Gründung war offensichtlich die in Aussicht gestellte und 1979 vollzogene Aufnahme des neuen Fachverbands in die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Im gleichen Jahr ließ sich der Fachverband auch als eingetragener Verein registrieren.
Von Anfang an konnte „jede an wissenschaftlichen Einrichtungen im Fach Geschichte der Medizin in der Forschung oder in Forschung und Lehre tätige Person“ (Satzung 2013) Mitglied werden. Seit 1978 traf sich der basisdemokratisch organisierte Fachverband zunächst halbjährlich an verschiedenen Orten, seit 1985 jährlich in Mainz. Seit 1982 bietet der Fachverband Fortbildungsveranstaltungen für den medizinhistorischen Nachwuchs an; seit 2008 wird jährlich ein wissenschaftliches Kolloquium in zeitlicher Nähe zu den Hauptversammlungen abgehalten.
Die bereits von der Vorläuferorganisation behandelten Themen (hochschulpolitische Erfordernisse, Organisation und Inhalte der Lehre, Situation des Nachwuchses) wurden innerhalb des Fachverbands in den letzten 40 Jahren immer wieder aufgegriffen. Weitere Diskussionen und Entschlüsse betrafen beispielsweise die Bewertung wissenschaftlicher Leistungen im Fach Medizingeschichte (Publikations-Impact, eingeworbene Drittmittel); um 2000 war die Abgrenzung zur bzw. Integration der Medizinischen Ethik ein beherrschendes Thema.
Literatur:
Johanna Bleker: Vom Ordinarientreffen zum Fachverband Medizingeschichte e.V. Ein Rückblick auf Diskussionen der 1970er Jahre. Medizinhistorisches Journal 42 (2007), 356-68.